Künstliche Intelligenz im
Klassenzimmer – ein Leitfaden
2. August 2023 10:05 | Linda Schenker
Mit der Aufschaltung von ChatGPT rückte die Anwendung von künstlicher Intelligenz (kurz KI) in den Fokus der breiten Öffentlichkeit. Schnell begriffen Jugendliche und Studierende, dass dieses Tool für sie eine Unterstützung bei Hausaufgaben oder beim Schreiben von Arbeiten sein kann. Ob das Werkzeug dadurch zu einer Gefahr für Lehren und Lernen wird? Das muss nicht sein. Anstelle von Verboten gilt es, in das KI-Boot einzusteigen und zu lernen, wie es sich lenken lässt. Denn sowohl Lernende als auch Lehrpersonen können davon profitieren. Wir zeigen, was künstliche Intelligenz eigentlich ist, wie Schulen damit umgehen können und welche wertvollen KI-Tools sich für den schulischen Einsatz eignen.
Was ist künstliche Intelligenz?
Das Tool midjourney erstellt durch die Eingabe eines Befehls mit Hilfe von KI vier Bildvorschläge. (Bild: midjourney)
Künstliche Intelligenz, abgekürzt KI oder in Englisch AI (Artificial Intelligence) ist ein in der Gesellschaft genutztes Narrativ, das bereits viele Jahre existiert. Es handelt sich also nicht um eine technische Bezeichnung, sondern beschreibt, welche Aufgaben computergesteuert gerade möglich sind oder eben noch nicht. Im Jahr 1950 fand der Begriff zum Beispiel Anwendung, um die Leistung von Taschenrechnern zu beschreiben.
Werkzeuge mit Pro und Contra
Übersetzen, Rechenaufgaben lösen, Bilder kreieren, Fotos optimieren, Programmieren, Texten, Bücher zusammenfassen und weitere Aufgaben können intelligente Programme mittlerweile lösen. Damit nehmen KI-Tools den Menschen eine Menge Arbeit ab. Einerseits löst dies Faszination aus und andererseits gewisse Ängste. Es braucht also klare Regeln und Aufklärung, damit die Lernenden nicht mogeln und dadurch Chancen für die eigene Bildung verpassen.
Wahrscheinlichkeiten statt Wahrheiten
Eines haben KI-Tools gemeinsam: Die fehlende Urteilsfähigkeit. ChatGPT beispielsweise sammelt aus vorhandenen Texten Informationen, um neue Antworten zu kreieren. Auch Übersetzungstools hinterfragen nicht die Sinnhaftigkeit der ausgegebenen Worte in der Zielsprache. Deshalb ist es für Lernende wichtig zu verstehen, dass die Roboter ihnen zwar Resultate liefern, diese jedoch falsch sein können. Maschinen finden bloss die wahrscheinlichste Lösung für ein Problem.
Unsere Fachpersonen vom Education Team
sind selbst Pädagogen. Sie beraten dich gerne.
Bedeutung von KI an Schulen als Bestandteil des Wandels
In Zukunft wird die Welt von künstlicher Intelligenz geprägt sein. Dies ruft die Notwendigkeit hervor, vermehrt über geistiges Eigentum, Zitate oder Plagiate zu sprechen. Mündliche Prüfungen könnten wieder wichtiger werden. Es gilt, den Lernenden zu vermitteln, dass die KI-Tools ihnen als Unterstützung dienen und dass sie diese nur adäquat verwenden können, wenn sie selbst über einen eigenen Wissensschatz verfügen.
Gefahr durch die vermehrte Nutzung von Technologie
Mit Sprachtools wie ChatGPT kann eine Unterhaltung stattfinden. Wenn Schülerinnen und Schüler hauptsächlich über Chatnachrichten oder Social-Media-Plattformen kommunizieren, können sie sich allzu leicht in einer digitalen Blase verlieren, in der Mimik, Gestik und emotionale Nuancen verloren gehen. “Durch die ständige Nutzung von Technologie besteht die Gefahr, dass Schülerinnen und Schüler zunehmend auch ihr Gegenüber wie einen Roboter behandeln.” Das sagt der Philosoph Philipp Hübl, Professor an der Universität der Künste in Berlin.
In einer Zeit, in der digitale Kommunikation und virtuelle Interaktion allgegenwärtig sind, ist es wichtig, sich der echten Menschen hinter den Bildschirmen bewusst zu sein. Die ständige Nutzung von Technologie kann dazu führen, dass soziale Fähigkeiten und der respektvolle Umgang miteinander in den Hintergrund treten. Auch das ist ein wichtiger Aspekt, der bei der Nutzung von künstlicher Intelligenz miteinbezogen werden sollte.
Auch das Lernen sozialer Fähigkeiten gehört in die Schule. (Foto: Artem Podrez / pexels)
Gezielte Förderung von sozialen Kompetenzen
Weiter meint der Philosoph Philipp Hübl, das Bildungswesen könne dem entgegenwirken durch das Schaffen einer sicheren Umwelt und Offenheit gegenüber den neuen KI-Tools. Lernende sollen spielerisch erkunden dürfen, was der Förderung von Kreativität und dem kritischen Denken dient. Es ist also wichtig, dass Bildungseinrichtungen und Lehrkräfte sich dieser Problematik bewusst sind und die neuen Werkzeuge für das Lernen und Arbeiten nutzen sowie gezielt Möglichkeiten bieten, um soziale Kompetenzen zu entwickeln.
Umdenken und Umgestaltung der Aufgaben
Es gilt also, die KI-Tools nicht zu ignorieren oder gar zu verbieten, sondern diese in den Unterricht zu integrieren, mit ihnen zu arbeiten und über die Auswirkungen von KI zu sprechen. Auch die Seite der Lehrerinnen und Lehrer profitiert. Künstliche Intelligenz kann Übungen entwerfen oder ändern und als Inspiration dienen.
«Ohne Bildung kann man nicht beurteilen,
ob das Resultat des Algorithmus
eines KI-Tools korrekt ist.»
Zitat Philipp Hübl, Philosoph
KI-gestützte Lernprogramme
Momentan erscheinen laufend neue KI-gestützte Programme und Apps auf dem Markt. Viele davon sind äusserst wertvoll für den schulischen Unterricht und können Lehrpersonen helfen, Wissen zu vermitteln. Wir stellen eine Reihe von auf künstlicher Intelligenz basierenden Lernprogramme vor.
Apps für iPad, iPhone und Mac
Mathematik App Photomath
Fotografiere handschriftlich notierte Gleichungen und lasse sie von der Applikation Photomath in Echtzeit lösen. Die App zeigt das korrekte Resultat an und erklärt anschliessend den Lösungsprozess. Sie könnte dafür eingesetzt werden, dass die Lernenden ihre Aufgaben selbst überprüfen können.
Die App Photomath ist ganz einfach anzuwenden. (Foto: Linda Schenker)
Google Übersetzer App
Mit dem Google Übersetzer können sich Menschen unterhalten, die verschiedene Sprachen sprechen. Denn die App erkennt Sprache und antwortet über einen Sprachassistenten in der Zielsprache. Dies sorgt für Unterhaltung und Offenheit gegenüber fremder Kulturen. Beim Lernen unterstützt die App Schülerinnen und Schüler im Unterricht beim Lesen oder Übersetzen von Texten in Fremdsprachen.
Beim Fremdsprachen Lernen unterstützt die Google Übersetzer App. (Foto: Linda Schenker)
Whiteboard-App Explain Everything
Die interaktive Whiteboard-App Explain Everything kann Lernenden sowie Lehrpersonen gleichermassen dienen. Es bietet die Möglichkeit, Ideen und Gedanken sehr einfach zu visualisieren. Die produzierte Kreation kann entweder direkt auf eine Leinwand übertragen werden oder sie wird aufgezeichnet und als Video gespeichert. Auch Ton kann aufgenommen werden, um zu erklären, was auf dem Whiteboard zu sehen ist. Durch KI werden bei diesem Tool Handschriften oder Formen erkannt.
Mit Explain Everything eröffnen sich neue Möglichkeiten für Präsentationen. (Foto: Linda Schenker)
Kreativität leben mit ChatterPix
Kinder können ganz einfach mit der App ChatterPix ihre Zeichnungen oder Fotos zum Leben erwecken. Ein Bild wird dazu geladen oder aufgenommen. Danach zeichnet man einen Mund und nimmt ein Audio auf. Durch KI bewegt sich der entstandene Mund im Takt der Stimme. Damit können die Kids Geschichten erfinden und beispielsweise einfach lernen, diese zu digitalisieren.
ChatterPix fördert die Kreativität und bringt Abwechslung in die Schule. (Foto: Linda Schenker)
Apps für iPad oder MacBook
Programmieren lernen mit Swift Playgrounds
Die von Apple entwickelte App Swift Playgrounds bringt Schülerinnen und Schülern das Programmieren mit der Programmiersprache Swift bei. Die App nutzt KI, um die Lernenden bei ihren Lernfortschritten zu unterstützen und ihnen interaktives Feedback zu geben.
Eigene Bücher herausbringen mit Book Creator
Book Creator ist eine App, mit der Schülerinnen und Schüler eigene Bücher erstellen können. Die App erkennt durch künstliche Intelligenz Text, Zeichnungen, Videos und Bilder, was eine interaktive Gestaltung ermöglicht.
KI-Tools vom Web
ChatGPT als Schreibkraft nutzen
Durch die Veröffentlichung des Tools ChatGPT im Herbst 2022 kam eine riesige KI-Welle ins Rollen. Denn das Tool generiert hochwertige Texte und zeigt damit eindrücklich auf, wozu Maschinen mittlerweile in der Lage sind. Statt sich Antworten im Internet zusammenzusuchen, gibt ChatGPT direkt Antworten auf Fragen oder generiert ganze Aufsätze auf Knopfdruck. Für den Schulunterricht hat das Tool enorm viel Potenzial.
ChatGPT ist ein spannendes Tool, das einfach ist in der Anwendung. (Foto: Linda Schenker)
Kunst schaffen mit Midjourney
Midjourney ist eine Website, die fantastische Bilder generieren kann. Im ersten Moment erscheint die Nutzung etwas kompliziert. Nachdem du ein Konto bei Discord erstellt hast, kannst du in der Bibliothek die Applikation Midjourney auswählen und gelangst in eine Art Chatforum. Dort wählst du den Channel #newbies aus und schreibst einen Prompt – das ist ein Befehl mit der Beschreibung deines Bildes – nach dem Code «/imagine» in das Chatfenster. Nach 60 Sekunden sind vier Bildvorschläge für deinen Prompt generiert worden. Je nachdem, wie viele andere Menschen gerade online sind, musst du eine Weile scrollen, bis du deine Bilder findest.
Fazit zu künstlicher Intelligenz im Klassenzimmer
KI-Tools bieten Möglichkeiten, die es unbedingt kennenzulernen und auszuloten gilt. Bei umsichtiger Anwendung und indem die Lernenden richtig herangeführt werden, können sie den Schulunterricht in hohem Masse bereichern. Wenn du oder deine Kollegen Unterstützung suchen, dann findet ihr diese in den Webinaren und Workshops bei DQ Solutions. Studiere jetzt das Kursangebot und melde dich für eine Schulung an.
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